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31.05.2024

Meilensteine zum Inklusiven Arbeitsmarkt

von Eva Skergeth-Lopič - als Vorsitzende im Dachverband dabei-austria

Am 14. Dezember 2023 hat der österreichische Nationalrat einstimmig eine wegweisende Entscheidung für das Leben junger Menschen mit Behinderung getroffen: Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit darf bei ihnen künftig erst ab dem Alter von 25 Jahren erfolgen. Diese längst überfällige Gesetzesnovelle markiert einen Meilenstein in Richtung Chancengleichheit! Generationen von jungen Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf wurde bislang eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit attestiert, wenn nach einer medizinischen Prüfung eine Arbeitsfähigkeit von weniger als 50 % (eine willkürlich gesetzte Grenze) festgestellt wurde. Damit wurden Jugendliche de facto für ihr ganzes Leben vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Bereits zum Ende der Schulpflicht war damit der dauerhafte Weg in die Sozial- und Behindertenhilfe vorgezeichnet, der Schritt heraus in späteren Jahren praktisch unmöglich. Das hatten Interessensvertretungen aller Ebenen in ganz Österreich über Jahrzehnte kritisiert. Wie langwierig der Weg von 2008 bis 2024 zur Veränderung war, zeichnen wir hier nach.

 

2008 – Österreich ratifiziert die UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 27 über Arbeit und Beschäftigung: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen […] auf Arbeit.“

2011 – Konferenz „20 Jahre Chance B Arbeitsvermittlung“ führt zur „Erklärung Gehalt statt Taschengeld“: Die Teilnehmer:innen erklären in Übereinstimmung mit Artikel 27 der UN-Konvention, „dass alle Menschen mit Behinderung das Recht auf angemessene Arbeit haben, gleich wie alle anderen Menschen. Das beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch frei gewählte Arbeit zu verdienen, einen offenen Arbeitsmarkt, der inklusiv und barrierefrei auch für Menschen mit Behinderung zugänglich ist.“

2015 – Österreichweite Tagung „Chancenlos – trotz Chancengleichheit“ führt zu „Gleisdorfer Deklaration“: Die Chance B organisiert eine Fachtagung, bei der man die ständig hohe Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung zum Thema macht und Lösungsansätze zur Gesetzesbarriere „Status Arbeitsunfähigkeit“ aufzeigt: „Damit alle diese Personen in Österreich, für die die Länder zuständig sind, die notwendigen Unterstützungen erhalten, um arbeiten zu können, braucht es eine Initiative der Bundesregierung unter Einbindung der Bundesländer. Einerseits müssen Bundesgesetze (Sozialversicherungsrecht, Pensionsversicherungsrecht, Arbeitsrecht, …) geändert werden, andererseits müssen die Leistungen der Länder in ihren Behindertengesetzen auf dieses Ziel hin harmonisiert werden.“

2018 – Europäische „Konferenz Arbeit für Alle“ führt zur „Wiener Deklaration“: Im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs haben dabei-austria und Österreichischer Behindertenrat die europaweit unterstützte Konferenz „Arbeit für Alle“ gestaltet. Die einzelnen Nationalstaaten sollen Strategien entwickeln, um das im Artikel 27 der UN-Konvention verankerte Recht auf Arbeit umzusetzen.

2019 – Strategische Vorschläge für einen inklusiven Arbeitsmarkt: Die Österreichische Behindertenanwaltschaft und 12 Dachorganisationen legen „Umsetzungsvorschläge zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt in Österreich“ vor und bringen seither die einzelnen Positionen wiederholt in die politische Debatte ein. Gefordert wird „Die lebenslange Einstufung als ‚arbeitsunfähig‘ am Übergang von der Schule in den Beruf muss beseitigt werden. Der Zugang zu einer existenzsichernden Arbeit am allgemeinen Arbeitsmarkt mit den notwendigen Unterstützungsleistungen muss jedem Menschen offen stehen.“

2023 – Zweite Genfer Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Konvention kritisiert Bund und Länder. Am 1.1.2024 kommt die erforderliche Gesetzesnovelle. Ab jetzt sind geeignete Maßnahmen zur Umsetzung entscheidend – wir bleiben dran!